Sakwa – oder auch hin und wieder Sagua Abu Kalawa – ist ein wunderschönes kleines Riff im nördlichen Roten Meer zwischen El Gouna und Hurghada gelegen. Mit seinen 16 m Tiefe ist es ebenfalls sehr gut von Anfängern betauchbar. Strömungen kommen üblicherweise von Norden und waren an unserem Tauchtag nicht besonders stark.

Wir ankerten gegenüber einer kleinen Lagune, die 6 – 7 m tief ist. Dann erfolgte der Abstieg.

Thorsten: Dabei hatten wir die erste technische Schwierigkeit zu überwinden. Als wir abstiegen, fiel mir auf, dass von Annettes Flasche kleine Luftbläschen aufstiegen. Ich sah mir das näher an und stellte fest, dass sie aus der Stelle am Flaschenhals kamen, an der das Ventil in die Flasche reingeht. Ich signalisierte dem Guide, dass wir ein Problem hatten und er zeigte an, dass wir wieder aufsteigen sollten. Annette bekam eine neue Flasche, wir stiegen erneut ab, und diesmal war alles gut. Wir ahnten nicht, dass das nur der Anfang war…

Unser Guide führte uns an einem geraden, langestreckten Stück Riff entlang. Wunderschön mit Korallen bewachsen findet man hier massenhaft große und kleine Fische, angefangen von Napoleon-Babys bis hin zu Kaiserfischen. Ab und zu sollte man aber auch immer einen Blick in’s “Deep Blue” werfen, denn hier kommt gelegentlich auch etwas “Großes” vorbei. Wie zum Beispiel ein Manta. Leider hielten die sich aber bei unserem Tauchgang gut versteckt.

Die "tote" Wand an Sakwa Abu Kalawa

Folgt man dem Riff ein Weilchen erschrickt man fast. Plötzlich, fast ohne Übergang, erscheint das Riff plötzlich wie tot. Der Korallenbewuchs ist verschwunden, vereinzelt scheinen sich ein paar Fische dorthin verirrt zu haben. Aber davon sollte man sich nicht irritieren lassen. Auch wenn das Riff tot erscheint – auch hier existiert beim näheren Hinsehen sehr wohl Leben. Lauter kleine Höhlen hat es dort, und wenn man Glück hat, so wie wir, dann schauen aus den Höhlen auch die Muränen heraus.

Muräne

Muräne

Genauso plötzlich, wie das Riff “gestorben” ist, erwacht es wieder zum Leben. Folgt man ihm noch ein Stückchen, dann wird man mit dem eigentlichen Highlight dieses Tauchganges belohnt. Am Ende mündet das Riff in eine Art Rondell, in dessen Mitte ein gewaltiger Block steht. Schwimmt man in das Rondell, bemerkt man bereits, dass es hier deutlich flacher ist, ich vermute mal 7 – 8 m. Hier ist es taghell, und man kommt sich vor, als ob man in ein Aquarium geschwommen ist. Man sollte sich die Zeit nehmen, einfach mal ein paar Minuten dem bunten Treiben zuzusehen. Dieser einzelne Block in der Mitte des Rondells ist voller Leben. Tausende von Fischen sämtlicher Arten und Größen wirbeln hier herum, ziehen in Schwärmen vorbei oder legen an dem Block ein Päuschen ein. Feuerfische mit sorgenvollen Mienen schwimmen umher. Und wenn man ganz viel Glück hat, dann kann man hier auch Schildkröten antreffen. Aber genau wie die Mantas hielten die sich leider sehr versteckt.

Fischreichtum bei Sakwa Abu Kalawa

Fischreichtum bei Sakwa Abu Kalawa

Auf dem Rückweg schwammen wir mit der Strömung und kamen so gut und schnell voran. Abgemacht war, dass wir noch einen Abstecher in die Lagune machen wollten um dort unseren Sicherheitsstop auf 5 m für 3 min zu machen.

Rotfeuerfisch

Rotfeuerfisch

Wir bogen also um die Ecke, um in die Lagune zu schwimmen, da zeigte Thorsten unserem Guide an, dass er nur noch 50 bar in seiner Flasche hatte. Dieser gab ein Zeichen, dass er verstanden hatte und es ging in die Lagune hinein. Insgeheim wunderte ich mich, denn wir hatten mal gelernt, dass man bei 50 bar mit dem Aufstieg beginnen sollten, aber gut. Zu unserem Entsetzen schwammen wir aber richtig weit in die Lagune hinein.

Die Lagune von Sakwa Abu Kalawa

Die Lagune von Sakwa Abu Kalawa

Prinzipiell spricht ja nichts dagegen, den Sicherheitsstopp für eine kleine Erkundung zu nutzen, anstatt an einem Seil rumzuhängen. Aber wir hatten den Rückweg zum Boot von der Lagune aus ja auch noch vor uns.

Mir wurde langsam unwohl bei dem Gedanken und ich fragte Thorsten, wieviel Luft er noch hatte. An seinem Blick merkte ich bereits, dass es wohl ernst war… und dann zeigte er mir an: 30 bar!

Da ist mir in der Tat erstmal das Gesicht runtergefallen. Und es war klar: zurück! JETZT! SOFORT!

Wir informierten den Guide, der nickte und kehrte um. Weit waren wir nicht vom Boot entfernt, wir konnten es quasi sehen, aber trotzdem… wir schwammen also Richtung Boot. So langsam wurde es mir immer mulmiger zu Mute, ich kenne doch unseren “Staubsauger-Thorsten” und sein Luftverbauch… ich rechnete mit allem. Daher löste ich bereits meinen Oktopus aus seiner Halterug und hielt ihn in der Hand… sicher ist sicher wenn es schnell gehen muss. Und dann…

…kam die Situation. Die, vor der wir alle Angst haben auch wenn wir sie schon x Mal geübt haben. Dein Tauchpartner klopft dir auf die Schulter und zeigt dir an, dass er keine Luft mehr hat.

In Ruhe und im Nachhinein betrachtet gab es in dem Moment keine Ideallösung. Ich versuchte, normal weiter zu atmen, konnte aber natürlich nicht verhindern, dass mein Herz anfing, schneller zu schlagen. Außerdem war es nicht zu entscheiden, was besser war: Würde ich langsam schwimmen, um den Grundumsatz und damit den Luftverbrauch zu senken, würde ich länger brauchen bis zum Boot. Würde ich schneller schwimmen, damit wir das Boot schneller erreichen, würde das meinen Luftverbrauch steigern. Ja, und dann… Beim “Scuba Diver” (und dementsprechend auch beim “Open Water Diver”) gibt es bei den Poollektionen eine spezielle Übung, die man genau für so einen Fall macht. Dabei setzt sich der Tauchschüler auf den Grund des Pools und der Instructor dreht ihm die Flasche zu. So spürt der Schüler, wie es sich anfühlt, wenn die Flasche leer geht, damit er in einer solchen Situation sich nicht erstmal fragen muss: “Was ist denn jetzt los?” Ich hatte schon seit ich festgestellt hatte, dass ich auf 30 bar war, mein Finimeter fast pausenlos im Blick und so beobachtet, wie die Nadel immer weiter fiel. Dann sah ich das Boot schemenhaft auftauchen. Die Nadel hatte gerade die 10-bar-Markierung passiert und ich erlaubte mir eine kleine Erleichterung. Wir würden gleich da sein. Doch da merkte ich mit einem Mal, wie ich stärker “ziehen” musste, um Luft zu kriegen. Das Boot in Sichtweite – aber es war zu spät. Die Zeit für Experimente war vorbei. Ich wollte sofort umsteigen und tippte Annette an.

Diesen Adrenalinstoß werde ich nie vergessen.

Auch wenn ich eigentlich damit schon gerechnet hatte. Ich drückte ihm sofort den Oktopus in die Hand… er nahm seinen Regulator aus dem Mund und ich schickte ein Stoßgebet zum Himmel. “Bitte laß ihn genügend Luft haben, dass er den Oktopus ausbläst, oder lass ihn wenigstens daran denken, die Luftdusche zu betätigen, sonst haben wir ein Problem!!!”.

Ich weiß nicht, WAS er von beidem machte, aber er machte es. Zum Glück.

Ich weiß es selber nicht mehr. Ich nahm Annettes Oktopus in Empfang und dann fehlt mir ein Stück. Das nächste, das mir in Erinnerung ist, wie ich den ersten Atemzug daraus nehme und alles in Ordnung ist. Ich hielt mich an ihr fest und gleichzeitig gaben wir uns gegenseitig das Zeichen zum Aufsteigen. Kein Risiko! Und den Sicherheitsstopp hatten wir schon in der Lagune gemacht.

Nachdem mir Thorsten das Zeichen gegeben hatte, dass alles ok war, stiegen wir auf. Wir kamen am Nachbarboot hoch. Lächerliche 10 m wären wir noch von unserem Boot entfernt gewesen.

Als wir an der Obefläche ankamen, zog ich an meinem Tarierhebel und ließ den letzten Rest aus meiner Flasche ins Jacket. Es zischte ungefähr zwei Sekunden lang, dann tat sich gar nichts mehr. Die Flasche war nun wirklich LEER.

Unser Guide hatte die Situation beobachtet und uns nachher erklärt, dass wir problemlos auch zusammen an einer Flasche hängend hätten zurückschwimmen können. Wir hätten nicht unbedingt aufsteigen müssen. Das hat uns etwas verwirrt. Wir diskutierten dies hinterher intensiv, und kamen zu dem Schluss, dass wir – falls nochmal so eine Situation eintreten würde, – wieder so handeln würden wie wir. Man darf nicht vergessen, dass dort Strömungen herrschen, und zudem war der Tauchplatz gut besucht. Würden wir also durch eine Strömungswelle plötzlich getrennt werden oder sonst irgendwas passieren… das war uns zu unsicher.

Es stellte sich auch im Nachhinein heraus, dass Thorsten sehr überlegt gehandelt hatte. Er hatte auf seinem Finimeter noch 10 bar, als er mir das Zeichen gab, und er meinte, dass er den ersten, schwereren Atemzug spüren würde. Statt die Flasche komplett leer zu atmen gab er so rechtzeitig das Zeichen, so dass er noch genügend Luft an der Oberfläche hatte, um sein Jacket aufzublasen.

Es war nicht mehr viel Luft, aber sie reichte, um mir einen stabilen Auftrieb zu verschaffen. Darüber hatte ich mir mal Gedanken gemacht, nachdem wir im OWD-Kurs die Notaufstiegsübung gemacht hatten. Ich kam völlig außer Atem an der Obefläche an, musste strampeln, um an der Oberfläche zu bleiben und dann auch noch das Jacket mit dem Mund aufblasen. Wenigstens noch ein bisschen Luft aus der Flasche würde die Sache einfacher machen. Und dass wir nicht unter Wasser an einer Flasche hängend zum Boot zurück sind, sondern gleich aufgestiegen, war auch für mich völlig in Ordnung. Es war sicherer, weil ich nicht mehr von Annettes Oktopus abhängig war.

Alles in Allem war das keine ungefährliche Situation und wir mussten zum ersten Mal zeigen, ob wir wirklich unter Wasser harmonieren oder ob einer von uns die Nerven verlieren würde. Wir haben es gemeistert, und das gibt uns auch für die Zukunft ein gutes Gefühl.

Sakwa Abu Kalawa - Wimmelbild

Sakwa Abu Kalawa - Wimmelbild

Hier klicken, um den Inhalt von maps.google.de anzuzeigen


Tauchgebiete auf einer größeren Karte anzeigen